Yanick Gyger steht im Crafter und die Hintertüren sind offen
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Der Crafter als mobile Werkstatt – Im Einsatz für Champions

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Der Crafter als mobile Werkstatt – Im Einsatz für Champions

17. August 2021

An 200 Tagen pro Jahr ist Yanick Gyger als Chefmechaniker mit dem Mountainbike-Team Scott-Sram unterwegs. Immer mit dabei: Ein umgebauter Crafter von VW Nutzfahrzeuge, der ihm als vollwertige Werkstatt dient.

Autor Reto Neyerlin  Fotos Martin Steffen  Video Jan Mühlethaler

Gerade kommt Nino Schurter vom Training zurück. Der mehrfache Weltmeister übergibt sein Mountainbike an Yanick Gyger und weiss: Bei ihm ist sein exklusives Arbeitsgerät in besten Händen. Der Chefmechaniker des Teams «Scott-Sram MTB Racing» holt den Hochdruckreiniger aus dem schwarzen Crafter und spritzt das staubbedeckte Velo erst mal kräftig ab. Anschliessend montiert er es vor dem Bus am Schraubstock und unterzieht es einem ausführlichen Check.

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Yanick Gyger ist selbst ein begeisterter Biker und fuhr früher auch Rennen. Bald merkte er aber, dass ihn die Technik noch mehr faszinierte als das Fahren, und so absolvierte er eine Lehre als Zweiradmechaniker. Bereits während der Ausbildung rutschte er als Hilfskraft in die Schweizer Weltklasse-Equipe. Zuerst putzte er Velos, nach und nach stieg er bis zum Chefmechaniker auf.

Heute ist der Hauptarbeitsort von «Yanick-the-Mechanic», wie er im Team genannt wird, das Fahrerlager von Scott-Sram an Mountainbike-Weltcuprennen. Dort bildet der neue Crafter von VW Nutzfahrzeuge das Herzstück des Paddocks. Mit langem Radstand erstreckt er sich über mehr als 6,8 Meter und bietet einen Laderaum von 16 Kubikmetern.

#yanickthemechanic steht auf einem Crafter geschrieben

Was beim Betreten des Kastenwagens sofort auffällt: Jeder Millimeter ist perfekt ausgenutzt. «Zusammen mit der Umbaufirma Sortimo haben wir den Crafter exakt nach meinen Bedürfnissen eingerichtet», sagt der Chefmechaniker. Links und rechts neben der Schiebetüre sind die wichtigsten Werkzeuge und Ersatzteile verstaut, sodass sie mit einem Handgriff erreichbar sind. Auch ein Schraubstock sowie eine Luftdruckanlage sind dort montiert. Weiteres Material ist an der gegenüber liegenden Fahrzeugwand in unzähligen Schubladen untergebracht. «Ich habe alles mit dabei, was an einem Rennwochenende benötigt wird», betont Yanick Gyger. Hinten im Bus hängen 72 Räder und neun Radsätze für die vier Fahrer von der Decke herunter – und das Heck bietet immer noch genügend Platz für bis zu neun Bikes.

Das innere vom umgebauten Crafter mit allen Schubladen ist ersichtlich

Um bei so viel Material das Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen nicht zu überschreiten, wurde beim Umbau konsequent auf Leichtbau gesetzt – «ähnlich wie bei unseren superleichten Rennbikes», fügt Gyger an. Und ebenfalls wie bei den Velos ist die Zuverlässigkeit eines der wichtigsten Qualitätsmerkmale für die mobile Werkstatt, die bei allen Rennen in Europa zum Einsatz kommt. «Denn wenn das Auto bei der Anfahrt einmal liegen bleiben würde, hätten wir ein echtes logistisches Problem», betont Yanick Gyger.

Das Team Scott-Sram, das vom Schweizer Mountainbike-Pionier und ehemaligen Olympia-Medaillengewinner Thomas Frischknecht geführt wird, setzt seit Jahren auf VW Nutzfahrzeuge. Im Fuhrpark befinden sich nebst dem Crafter aktuell auch drei T6 Multivan für den Personen- und Materialtransport. «Ein grosser Pluspunkt der Marke ist, dass sie in ganz Europa vertreten ist», erklärt der Teamchef. «Ersatzteile und Serviceleistungen sind flächendeckend verfügbar, sei dies nun in Norwegen, Spanien oder Tschechien.»

Er hat sich ebenfalls im Fahrerlager eingefunden und versorgt sich mit frischem Kaffee – die Kaffeemaschine ist ein weiteres wichtiges Utensil, das im Crafter Platz findet. Die anderen Fahrer, Sohn Andri Frischknecht, Europameister Lars Forster sowie die amerikanische Weltcup-Gesamtsiegerin und einzige Nicht-Schweizerin Kate Courtney, gesellen sich dazu. Es wird gescherzt und gelacht. Man spürt sofort: Das Team ist eine eingeschworene Gemeinschaft. Oder wie es Yanick Gyger ausdrückt: «Wir sind wie eine Familie.» An den Rennwochenenden, die jeweils von Donnerstag bis Sonntag dauern, übernachten sie in gemieteten Häusern, kochen und essen dort gemeinsam. Über das ganze Jahr verbringen sie bis zu 200 Tage zusammen.

Yanick Gyger versorgt Ersatzteile im Crafter
Seiten-Tür vom Crafter ist offen und man sieht die Schubladen

Um keinen Lagerkoller aufkommen zu lassen, hat das Team die Abläufe so optimiert, dass sie möglichst spät an die Rennstrecke anreisen und früh wieder abfahren können. Einen bedeutenden Baustein der effizienten Organisation bildet der umgebaute Crafter, der ein ebenso schnelles Einrichten wie Aufräumen ermöglicht.  

Gefahren wird die mobile Werkstatt übrigens immer vom Chefmechaniker persönlich. Da er teilweise tagelang unterwegs ist, hat er bei der Bestellung einige Komfortfeatures angekreuzt – wie etwa den Tempomat und bequeme Sitze. Und vor allem: eine gute Soundanlage. «Auf langen Strecken gibt es nichts Besseres als spannende Hörbücher», sagt Yanick Gyger, «und zwischendurch lasse ich es mit fetziger Musik krachen.»

In der Zwischenzeit hat er das Mountainbike von Nino Schurter wieder auf Vordermann gebracht. Der schwingt sich auf sein Velo und fährt zusammen mit seinen Teamkollegen an den Start – und weiteren Erfolgen entgegen.

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